Hallo liebe Trac-Gemeinde,
ich hätte da mal eine Frage und zwar,
entspricht es wirklich der Wahrheit, dass ein Traktor nur soviel Zugkraft aufbringen kann, wie sein Eigengewicht beträgt, bzw wie hoch seine Gewichtskraft ist?
In einem Prospekt hab ich gelesen "Ein Traktor kann nur soviel Zugkraft aufbringen, wie er selbst wiegt"!
Gibt es da irgendwelche Formeln, um das zu berechnen?
Danke schon mal für eure Antworten!
MFG Beppo1986
Hallo,
naja, gibts schon Formeln.
Hauptsächlichen Einfluß hat der sog. Reibungskoeffizient.
Die max. mögliche Zugkraft hängt direkt vom Eigengewicht ab und ist idR proportional dazu (sprich doppeltes Gewicht, doppelte max mögliche Zugkraft bei ansonsten gleichen Bedingungen).
Beispiel: Fahrzeug auf Teerstraße. Es gibt einen best. Reibungskoeffizienten zwischen Teer und Gummi. Das Eigengewicht mit dem Koeffizienten multipliziert ergibt die Kraft, die nötig ist, das Fahrzeug von dort "gegen seinen Willen" wegzuziehen. Darum, je schwerer das Fahrzeug, desto mehr Kraft notwendig. Der Reibkoeffizient ändert sich ja von Case über Fendt zu Trac nicht.
Im Feld siehts etwas anders aus. Dort sind effiziente Einflußgrößen die Profiltiefe, die Profilform, die Reifenbreite zu Gewicht (sprich Bodendruck) und Beschaffenheit des Bodens.
Diese Parameter sind fast nicht zu berechnen und somit eigentlich nur meßbar. Aber halt auch nicht direkt aussagekräftig, da ja jeder Boden anders ist.
Gruß Cliff
Hallo,
danke für die schnelle Antwort!
Mir ist bekannt, dass es von verschiedenen Parametern abhängt, wieviel Zugkraft nötig ist, aber der Aussage zufolge ist es doch so, dass ein Traktor nur soviel Gewicht ziehen kann, wie schwer er ist, oder fasse ich das falsch auf?
Ich hatte vor einiger Zeit eine Diskussion mit einem Bekannten, der behauptete, dass nur das Gewicht des Traktors zählt, wenn ich gegen so einen beispielsweise ziehen würde, dann wären seine Leistung egal, wenn er sowieso nur sein Gewicht miximal als Zugkraft aufbringen kann, oder?
MFG Beppo
Servus Beppo,
diese ganze Geschichte mit gegeneinander Ziehen ist "lauter Schei....."
Natürlich ist die Leistung in erster Linie egal, da Leistung das Produkt aus Drehzahl und Dremoment ist, das heißt mit einem kleinen Gang (kleine Drehzahl) bekommst du sehr hohe Momente an deinen Rädern, beim Schlepper sind die so hoch, dass deine Räder durchgehen, da kannst also das Moment, welches von Motor und Getriebe erzeugt wird, nicht an der Hinterachse absetzen.
Mit steigender Gewichtskraft auf der Hinterachse steigt das absetzbare Moment......
Die Zugkraft die dein Schlepper aufbringen kann, hängt von sehr, sehr vielen Einflußfaktoren ab. Eine Stammtischdiskussion erschlägt dieses Thema nur in keinster Weise. Sobald ich Zeit habe, werde ich mich mal ausgiebig darüber äußern, da Ich bei Prof. Renius "Traktoren und Erdbaumaschinen" gehört habe..
Wie gesagt, es kommt auf die "Verbindung" zwischen Rad und Boden an. Und diese ist charakterisiert durch die Reibung bzw. den Reibungskoeffizienten.
Stell dir vor, ein Traktor hätte eine Bodenverbindung wie eine Zahnradbahn. Dann wäre das Gewicht egal, dann kommts nur auf die Motorleistung und den Wirkungsgrad der Getriebe an.
Es gibt den Begriff des Multipass, der gerne falsch verstanden wird. Es wurde propagiert, daß das hintere Schlepperrad wie beim Zahnstangeneffekt in der Spur des Vorderrades läuft und deshalb besser zieht. Stimmt so nicht ganz, da ja immer ein gewisser Schlupf vorhanden ist. Schlupf ist auch ein Parameter, der den Wirkungsgrad beeinflußt.
Fakt ist allerdings nur, daß der Boden unter dem Hinterrad eine andere (bessere) Konsistenz aufweist, als der unter dem Vorderrad. Und somit ist es gut, wenn Räder mit gleichem Profil, Reifenbreite etc in exakt der gleichen Spur nochmal laufen (so wie es bei 4 gleichen Rädern mit gleicher Spur der Fall ist).
Nochmal zum Reibungskoeffizienten. Ich glaube, der liegt für Gummi auf Teer irgendwo bei 0,8 oder 0,9. D.h. die max mögliche Zugleistung liegt etwa bei 80-90% des Schleppergewichts. Kannst du diesen Koeffizienten beeinflußen (z.B. Zahnstange; fahr doch mal durch frischen Beton, warte bis er hart ist und dann hast du in disem Profil einen mit Sicherheit höheren Reibungskoeffizienten als 1. Dieser Effekt wird bei steilen Tiefgaragenauffahrten genutzt, indem man dem Boden eine geriffelte Oberfläche verleiht. Je rauher der Boden, desto höher der Koeffizient.)
Aus dem einfachen Gesetz der Statik (notwendige Kraft zum wegziehen = Gewichtskraft x Reibungskoeffizient) läßt sich ableiten, daß bei den bekannten Schlepper-gegeneinander-ziehen einfach nur der schwerere gewinnt, egal wieviel PS. Da kann man dann auch mit 70 PS und aufballastiert auf 10 Tonnen einen 200 PS-Karren mit "nur" 8,5 Tonnen wegziehen. Sofern wir jetzt in unserem Beispiel auf der Teerstraße bleiben. Dabei macht die Bereifung auch keinen Unterschied, da der Reibkoeffizient für beide Fahrzeuge gleich ist. Kippst du dem einen Sand unter die Räder wird aus Haft- bzw. Gleitreibung Rollreibung und die hat einen wesentlich kleineren Koeffizienten. Dann reichen beispielsweise auch 5 Tonnen Eigengewicht, um 8 Tonnen wegzuziehen.
Gruß Cliff
Hallo Leute,
hallo Cliff, sehr gut erklärt. Für alle, die noch am überlegen sind:
Die Zugkraft ist die Kraft, die z. B. an der Anhängekupplung des Anhängers wirkt, sie ist aber nicht ohne weiteres proportional zum Gewicht des angehängten Wagens oder was auch immer bewegt werden soll. Die Zugkraft, die benötigt wird, um beispielsweise einen 10 to schweren Anhänger zu ziehen, hängt unter anderem auch vom Winkel der Fahrbahn ab. Man fährt ja nicht immer flach. Bei zum Beispiel 100% Steigung und unter Vernachlässigung der Reibung würde ein Anhänger von 10 to mit etwas über 7 to am Traktor zerren. Dies errechnet sich aus dem Winkel der Fahrbahn und dem Gewicht des Anhängers.
Nun kommt etwas anderes hinzu:
Mein kleiner 800er hat am Motor ein Drehmoment von vielleicht 245Nm. Die Getriebeübersetzung, glaube ich, ist 13,51. Die der Achsen ist 14,036. Der Radius der Reifen ist etwa 57cm. Jetzt rechne ich mal das Drehmoment an den Achsen für den 1. Gang ungesplittet:
245Nm * 13,51 * 14,036 = 46.458Nm (gerundet).
Jetzt die Kraft, die am Boden erbracht weden kann:
46.458Nm : 0,57m = 81.505N (aufgerundet).
1kg entspricht 9,81N, daraus ergibt sich die reine Zugkraft zu
81.505N : 9,81 = 8.308kg = 8,308to reine Zugkraft bei etwas um 3km/h und 2550 1/min, also Vollgas.
Wieviel to Anhängelast nun gezogen werden können hängt eben, wie Cliff schon sagte, von anderen Faktoren ab.
Und ehe einer fragt: ohne Allradantrieb verteilt sich die Kraft im Idealfall auf beide Hinterräder, d. h. je ca. 4to, bei Vierradantrieb sind es dann im Idealfall etwa 2 to pro Rad. Aber wie bereits erwähnt, das ist ein rein theoretischer Wert. Den könnte man höchstens nutzen, um die Belastung der Antriebselemente zu ermitteln.
Die Getriebe- und Achsübersetzungen habe ich aus dem WHB entnommen. Ob mein OM314 245Nm bringt oder nicht sei mal dahin gestellt.
Grüße
Alex
Hallo,
danke für eure sehr aufschlussreichen Antworten, jetzt versteh ich den Sachverhalt schon viel besser!
Es war übrigens kein Wettziehen Traktor gegen Traktor, sowas würde ich persönlich nie machen, da wär mir die Maschine zu schade!
Es war ein John Deere 9400, mit Leistungssteigerung auf 600PS, der gegen ein paar hundert Leute ziehen musste!
Es wurden Seile angehängt und die Leute hielten die auf Zug und er musste dann wegziehen, Ergebnis Getriebeschaden und mein Bekannter behauptete halt, dass die Leute im Endeffekt nur sein Gewicht halten mussten, aber auch wenn er auf sehr schlechtem Untergrund fährt, ein Teil der 600 Pferde gelangen auf den Boden!
Danke nochmal für die Antworten, es ist immer wieder eine wahre Freude hier zu sein!
MFG Beppo
Hallo nochmal,
ich hab mir das nochmal alles zu Gemüte geführt und ich bin am nachdenken, dass es zwischen Zugkraft und Zugleistung einen Unterschied geben muss, oder?
Wenn ich einen Traktor mit z.B. 8to habe und einen 20to Anhänger ziehen will, düfte das ja eigentlich nicht möglich sein, wenn ein Traktor nur soviel Zugkraft aufbringen wie er wiegt, oder sehe ich das falsch??
Haltet mich für Begriffsstutzig, aber irgendwie geht mir das nicht rein!
Danke schon mal für eure Antworten!
MFG Josef Sagstetter
Servus Josef!
Die Frage ist doch vielmehr wieviel Zugkraft du für einen 20t Änhanger brauchst:
Folgendes (sehr vereinfachtes) Beispiel: (wie vernachlässigen jetzt mal den Luftwiderstand, :-) )
20t-Kipper auf Straße: -->Normalkraft 200000N, Rollwiderstandsbeiwert auf trockener Straße ca: 0,010
-->Daraus folgt ein Zugkraftbedarf von ca. 2000N
Dein Traktor hat nun 8t, entspricht ca. 80000N, Reibwert zwischen Straße und Luftreifen: ca. 0,6, d.h. dein Traktor kann 48000N Zugkraft aufbringen.
Ergebnis: Du könntest auf ebener Straße 24 dieser Änhanger ziehen...(24x2000N = 48000N)
Du musst hier zwischen Rollwiderstandsbeiwert und Reibwert unterscheiden, denn du willst ja den Änhanger ziehen und mit deinem Traktor Zugkraft auf den Boden übertragen.
Hallo,
das mit dem Rollwiderstand ist soweit ganz richtig.
Eine kleine Erweiterung unseres Statik/Dynamik-Unterrichts:
Newtonsches Gesetz F=m x a d.h. Kraft ist Masse mal Beschleunigung.
Diese Beispielrechnung betrifft nur ebenes Gelände!!!
Unsere Rechnung vom 20 to Kipper passt für gleichbleibende Geschwindigkeit. Dabei muß ständig der Rollwiderstand überwunden werden und konstant eine Zugleistung von 200 kg oder 2000 N (Newton) aufgebracht werden.
Wenn wir aber das Ding beschleunigen wollen (wozu´s ja den Trac gibt) müssen wir mehr Kraft reinstecken. Beispiel: wir wollen von 0 auf 36 km/h beschleunigen, d.h. von 0 m/s auf 10 m/s. Dazu müssen wir konstant eine Beschleunigung von 0,25 m/s² über einen Zeitraum von 40 Sekunden aufbringen (40 s x 0,25 m/s² = 10 m/s).
Nun rechnen wir F = m x a ! 20.000 kg x 0,25 m/s² = 5.000 kgm/s² (N). Dazu müssen wir noch die 2000 N addieren und sind schließlich bei 7.000 N Zugkraft, die aufgebracht werden muß um 1 (!) Anhänger zu bewegen. Nun nehmen wir unsere 48.000 N mögliche Zugkraft, teilen durch 7.000 N und landen schließlich dabei, daß wir knapp 7 solcher Kipper beschleunigen können.
Nur jetzt gibts ein Problem: Unser Beispieltrac von Alex liefert im 1. Gang nur 3 km/h. Je höher du den Gang wählst, desto geringer wird die vom Motor aufgebrachte Zugleistung und irgendwann langts nicht mehr, um das Gespann dieser Beschleunigung auszusetzen. Da die Masse gleich bleibt (geschlossener Kornschieber vorausgesetzt) muß die Beschleunigung kleiner werden um die vom Motor erzeugte Zugleistung der höheren Gänge nicht zu überschreiten.
Gruß Cliff
...wenn man z. B. die ungefähre Leistung eines Motors wissen will, kann man dies mit Hilfe einer bekannten Steigungsstrecke tun. Man weis ja die Geschwindigkeit von einem bestimmten Gang und die Drehzahl, mit der der trac das Gefälle in dem bekannten Gang bewältigt. Dann braucht man nur noch das Drehmoment an der Achse zu berechnen und per Getriebeübersetzung weis man dann, wieviel Drehmoment der Motor bei der erbrachten Drehzahl hat. Anschliessend vergleicht man mit der Tabelle aus dem WHB und man sieht so ca. auf 5-10% Fehler genau wo man liegt.
Grüße
Alex
Hallo,
danke nochmal für eure Antworten, ich kann den Sachen vollkommen Folge leisten!
Aber mir geht es vielmehr um die Tatsache, dass laut Aussage meines Bekannten, ein Traktor nur soviel Zugkraft aufbringen kann, wie er wiegt??
Dem kann ich nicht ganz folge leisten!
MFG Josef Sagstetter
Hallo Josef,
naja, fassen wir zusammen:
1. Ein Schlepper kann wesentlich mehr Zugkraft aufbringen als er wiegt.
2. Er hat nur ein Problem damit, diese Kraft auf den Boden zu bringen.
zu 1.: Die max mögliche Zugkraft deines Schleppers ermittelst du, wie Alex vorgemacht hat. Motorkenndaten mit der jeweiligen Gang-Übersetzung und dem Raddurchmesser verrechnen.
Zu 2.: Wieviel Kraft davon auf den Boden übertragbar ist, hängt von den Materialien und deren Oberflächen ab. Bsp für Oberflächen ist ganz einfach: Du kannst mit abgefahrenen Reifen schlecht pflügen, mit neuen dagegen sehr gut. Bsp. für Materialien ist schwierig, da müßt ich die Chemie und Physik mit den Adhäsionskräften bemühen.
Aber hier gibts Tabellen mit Reibwerten.
H= Haftreibung (gültig, wenn 2 Oberflächen noch nicht gegeneinander "gleiten")
G=Gleitreibung (gültig, wenn 2 Oberflächen gegeneinander "gleiten")
i.d.R. ist die Gleitreibung geringer als die Haftreibung
Bsp: Stahl/Stahl H 0,15 G 0,1
Holz/Holz H0,65 G 0,4-0,2
gebremstes Auto auf Pflaster G 0,5
gebremstes Auto auf Asphalt G 0,3
Metall/Holz H 0,6-0,5 G 0,5-0,2
Ein Reibwert von 1 würde genau so viel Kraft übertragen, wie das Fahrzeug schwer ist. Ein Reibwert von 0,5 kann demnach nur 50% des Fahrzeuggewichts übertragen, unabhängig davon, wieviel PS unter der Haube stecken. Leider gibts keine Richtwerte für Reifen/Ackerboden, da der Bodenzustand sowie die Profilform zuviel Einfluß auf den "Reibwert" haben.
Wie siehts aus mit den Unklarheiten? Hab ichs schlimmer gemacht?
Gruß Cliff
Hallo,
ich danke euch wirklich für eure Antworten und Erklärungen, vielen Dank!
MFG Josef Sagstetter
Hallo Josef,
wie schon mehrfach beschworen, die Zugkraft hat nur bedingt etwas mit dem Gewicht des ziehenden Traktors oder dem zu ziehenden Wagen zu tun. Wie Cliff sagte, hängt es davon ab, die Kraft auf den Boden zu bringen und wie ich sagte, hängt es davon ab, wie stark die Steigung ist. Zugkraft ist eine Kraft und kein Gewicht!!! Kraft wird ja auch in [N]=Newton und Gewicht (Masse) in [kg]=Kilogramm angegeben. Auf der Erde erzeugt ein Gewicht von 1 kg eine Kraft in Richtung des Ermittelpunktes von 9,81 N. Kraft sagt, wie stark etwas in eine bestimmte Richtung zieht oder schiebt. Masse bedeutet, wie schwer ein Körper unter der Anziehungskraft eines Planeten wiegt. Physikalisch ist das zwar gleich, aber der Zusammenhang ist durch Rechenformeln definiert.
Wenn Du überlegst, daß Du mit dem alten 3er-Führerschein eine Zugmaschine von 7,5 t fahren darfst, wobei das Gespann mit Anhänegr 18 t wiegen darf, könnte man das im mittleren Gelände als Höchstlast ansehen.
Also: 18 t Gesammtmasse - 7,5 t Zugmaschine = 10,5 t Anhängergewicht. In der Praxis würde das bedeuten, daß ein MB-trac 1300 mit 6,3 t Leergewicht einen Anhänger von 9 t Gesammtgewicht locker zieht. Das dürfte wohl überhaupt kein Problem darstellen. Ich als Mittelgebirgstier würde diese Paarung als gelungen oder leicht unter belastet zu Gunsten des tracs bezeichnen, im Flachland zieht man mehr als das Doppelte wie des öfteren berichtet wird.
Grüße
Alex