Hallo Zusammen,
ich restauriere gerade einen Kramer 1014 aus Bj 78.
Das Getriebe wurde letzte Woche vom ehem. Getriebebaumeister der Fa. Kramer Instandgesetz. Alle wesentlichen Teile sind verfügbar, preislich liegt sowas auf Unimog/MB-trac Niveau.
Kramer Ersatzteilversorgung für das Fahrzeug ist eher schlecht, dafür sind aber sehr Viele Teile aus dem damaligen Norm- oder Nfz-Baukasten. Karosserie und Fhs sind überwiegend aus geraden Rohr-, Brenn- oder Kantteilen und auch mit normalen Hausmitteln gut zu restaurieren oder sogar nachzubauen. Es gibt quasi keine Tiefziehteile an dem Fzg.
Nach Schätzungen der Experten und Besitzer mit denen ich bisher gesprochen habe leben noch mehr als 100 der ursprünglich rd 200 gebauten Fzg. die meisten davon in Sammlerhand.
Der Kramer 1014 ist mit 6to genau so schwer wie die schwere MB-trac Br 443, mit 120+ PS (die FL6 913 Motoren kann man Problemlos bis 160 PS einstellen) auch etwa so Zugstark, jedoch deutlich wendiger aufgrund der Allradlenkung.
Dazu kommen die technischen Finessen wir Turbokupplung, Lastschalt/Wendegetriebe, 2-Wege-Fahrerstand, Hecklader, Zapfwellen Vorne und Hinten mit Drehrichtungsumkehr, so daß man Front und Heckgeräte tauschen kann etc.
Er war definitiv seiner Zeit weit voraus und das war gleichzeitig auch eines der Probleme. Er ist technisch durchaus kompliziert und war damals sehr teuer. Die damalige Positionierung würde ich in etwa mit der heutigen des Claas Xerion vergleichen: Systemfahrzeug für Lohnunternehmer.
Korrekt ist sicher, daß das Fzg auf der Straße nicht so komfortabel wie ein MB-trac zu Fahren ist, da die Voderachse ungefedert ist.
Mein Fazit: der Kramer 1014 ist der Urvater des Trac-Konzeptes und der MB-trac wurde später entwickelt und hat einige Konzeptmerkmale übernommen.
(PS. Fahre sonst noch MB-trac 800 BJ 88 und MB-trac 1300 BJ 82)
beste Grüße
Wulf
Hallo Wulf,
erst mal Gratulation, dass es Dir gelungen ist, einen der Überlebenden auf Deinen Hof zu zerren. Der Urvater des Trac-Konzeptes ist es zwar nicht, aber zu seiner Zeit war der 1014 funktional allen anderen damals verfügbaren Schlepperkonzepten etwa so weit voraus, wie es heute der Xerion ist. Das ist einfach so.
Auch bezüglich der Überlebendenzahlen würde ich mich Dir anschließen, es sind wohl (zum Glück) nur wenige in der Presse gelandet.
Wenn man die Geschichte von Kramer verfolgt, stellt man immer wieder fest, wie dieses damals recht kleine Unternehmen versucht hat, Augen und Ohren bei den Praktikern auf dem Feld zu haben.
Vielleicht steckte im Konzept 1014 sogar die Hoffnung, Land- und Baufahrzeuge mit Gleichteilen und sogar einem Grundfahrzeug darstellen zu können, schließlich ging es ums Überleben und die einzige lebbare Alternative - die dann auch beschritten wurde - hieß Aufgabe der Schlepperproduktion...
Diese Idee beflügelte ja nicht nur Kramer seinerzeit...
Zwischen Gutmadingen / Überlingen und Gaggenau gab es immer Hin- und Her-Beobachtungen, was man ja an den vielen Ähnlichkeiten auch bei den Kramer-Zugmaschinen im Vergleich zum Unimog erkennen kann.
Inwieweit der 1014 die Baureihe 442/443 (und umgekehrt) zumindest durch reines Anschauen und davon Inspirieren lassen beeinflusst hat, ist Spekulation.
Fakt ist, beide Konzepte waren zu ihrer Zeit wegweisend und übertrafen die vergleichbaren Konzepte vor allem funktional bei Weitem, auch die mit den Bärenkräften - bis eben auf die Bärenkräfte, die in Freising seinerzeit in einer anderen Liga spielten.
Beide entstanden, um dem Landwirt gute, vielseitige und innovative Technik an die Hand zu geben und beide enstanden auch, um dem Hersteller Kosten zu sparen.
In beiden Fällen gelang leider nur der erste Teil dieses Anspruches, der letztere blieb eine unerfüllte Hoffnung.
Schade!
Aufgrund des Grünberger Händlers "Schlepper Schroer" - den es leider schon lange nicht mehr gibt - war Oberhessen seinerzeit Hochburg für Kramer.
Hunderte liefen hier, ganze Dörfer gab es, die nur Kramer fuhren...
Leider sind wir Mittelgebirgslage, weshalb es den 1014 nur mit dem Zusatz "F" und in homöopathischer Stückzahl in Orange und mit DoTro im Heck gab.
Mein Onkel besaß seinerzeit den 514A, der Onkel meines Schwagers hatte den 714A (auch als Forst).
KL 450 gab es hier wie Sand am Meer, genau wie die Duroplastikhauber 350 Export, 450 Export und auch die Dreizylinder-Deutz bis runter zu den Blechhaubern, die die Scheinwerfer unter derselben versteckt hatten - die Zweizylinder sowohl wasser- (Güldner) wie auch luftgekühlt.
Kramer hatte viele gute Ideen, das LS/W-Getriebe, die Lenkbremse, die mit Lenkeinschlag mitzieht, die hydraulische Vierradbremse, sehr früh bereits ein 10/5-Gang-Getriebe, immer höchste Wendigkeit - selbst mit Allrad und immer ein sehr gutes Leistungsgewicht.
Nicht zuletzt ein allradgelenkter Trac statt eines knickgelenkten solchen, wie er aus Köln kam oder in Rot-Silber über Eschwege importiert werden konnte...
Man kam halt aus dem buckligen Allgäu...
Und immer eine hohe eigene Fertigungstiefe im Bereich der Teile, auf die es Kramer für seine Kunden "ankam"...
Der 1014 steht - neben einem originalen 442 bei mir schon lange auf der Wunschliste, leider ist es mir bisher nicht gelungen, die mir bekannten Besitzer (zu denen auch unrestaurierte 1014 gehören) zum Verkauf zu bewegen - verständlich...
Freue mich umsomehr für Dich, dass Du offensichtlich viel Freude an diesem Fahrzeug hast und wünsche Dir allzeit gute Fahrt mit diesem tollen Teil! Sieh zu, dass Du ihn so vollständig, wie möglich hinbekommst, vielleicht einschließlich mit dem speziellen Frontkraftheber und Oberlenker!
Grüße
Holger
verpass ihm aber bitte kein Edelstahl-Ofenrohr wie der grüne 1014 mit den roten Radnaben sie besitzt, sieht furchtbar aus...
(15.09.2014, 13:26)optimog schrieb: [ -> ]Hallo Zusammen,
ich restauriere gerade einen Kramer 1014 aus Bj 78.
Wulf
Hallo Wulf,
poste doch mal ein paar Fotos von dem Kramer !
( wenn´s auch ein MB-trac forum ist, troztdem interssant )
Im Deutz Forum ( Suchfunktion: Kramer 1014 ) ist einiges über
den Kramer zu lesen, wobei es bei den " Deutz Leuten " nicht
so gesittet wie in diesen Forum zugeht, in dem thread vom Kramer zumindest !
Grüße
Hans
Also, gerne,
wenn es die hier im Forum von interesse ist, kann ich gerne ein paar Fotos von unserem Restaurationsobjekt einstellen.
Bilder 1+2: So sah er beim Kauf aus. Fahrzeug hat überwiegend im Ackerbau gearbeitet (ca. 15.000 Bh). Es verfügt über die landwirtschaftliche Vollausstattung: Frontkraftheber, Frontzapfwelle. Dazu haben wir den originalen Hecklader bekommen.
Und das war die letzte Fahrt vorm zerlegen:
https://www.youtube.com/watch?v=xg8HKdsdjDo
Als erstes haben wir das fürchterlich draufgebastelte Mähdrescherdach entfernt.
Im Moment ist er komplett in Einzelteile zerlegt und die Aggregate warten auf die Überholung. Das Getriebe ist bereits Instandgesetzt, die Potalachsen kommen als nächstes.
Unser Ziel ist es Ihn in den nächsten Zwei Jahren wieder in den Originalzustand zu versetzen.
Den Fahrerhaus Rohbau werden wir komplett neu aufbauen, da der alte zum größen Teil aufgefressen ist. Er besteht aus 30x40mm Stahl-Rohrrahmen der mit Blech beplankt ist. (heute würde man das space-frame-design nennen).
weitere Bilder kommen demnächst.
beste Grüße
Wulf
Hallo Wulf,
nicht allzuweit von hier steht einer, der sieht eher schlechter aus und der Besitzer will 20 KiloEUR haben...
...und irgendwann kommt wahrscheinlich einer, der diesen Betrag vom Konto abhebt, um den 1014 mitzunehmen...
Meiner Einer wartet derzeit noch, dass sich der Besitzer eines Forst 1014 erbarmt und mir das Teil überlässt.
Steht leider seit vielen Jahren im Freien...
...ist aber komplett auch mit Agrarbauteilen, also Dreipunkt, etc. ...
...aber der jetzige "Senior-Besitzer" sagt, dass erst er mit den Füßen voran den Hof verlässt...
Grüße
Holger
...und ich kann den Mann verstehen...
(18.09.2014, 12:37)holgi63 schrieb: [ -> ]...aber der jetzige "Senior-Besitzer" sagt, dass erst er mit den Füßen voran den Hof verlässt...
Grüße
Holger
...und ich kann den Mann verstehen...
...ich nicht! Wer will schon vor seinem Schlepper sterben!?
greetz
Ich suche und beobachte die Preise für Kramer 1014 schon seit über 10 Jahren.
Das Preisniveau befindet sich etwa auf einer Höhe mit der schweren Baureihe MB-trac, nur das die Fzge eben noch viel seltener sind als die Masse der 1100-1500er MB-tracs. Die 1600er und 1800er nehme ich da mal raus.
Würde es mal so beschreiben:
Teilespender zum Ausschlachten <10T, mit Reparaturstau <20T,
gebrauchsfähige Zustände mit TÜV >20T. Gute und restaurierte >30T die Skala ist nach oben offen.
Ich habe über 10 Jahren nach einem vernünftigen gesucht, die meisten Angebote waren Kernschrott. Es werden aber immer mal wieder welche im Internet angeboten (so auch unserer). Aktuell steht noch einer in Belgien zum Verkauf:
http://www.ps-classic.com/de/druck.php?id=01833
Gruß
Wulf
Tausch bitte mal die 1600 mit der 1100!
(nein das sage ich nicht weil ich einen habe)