21.12.2014, 18:03
einige hier beschäftigen sich ja ebenfalls mit dem Thema, deshalb wollte ich hier meine Erkenntnisse beitragen:
Vorüberlegungen:
Turbolader sollen idealerweise bereits bei niedriger Motordrehzahl und entsprechend kleinen Abgasmassenstrom zu einem hohen Motordrehmoment führen. Damit der Turbolader bei höheren Drehzahlen den Motor nicht überlädt, ist es sinnvoll eine Regelung des Ladedruckes zu verwenden. Diese Ladedruckregelung kann im wesentlichen auf drei Arten erfolgen:
1. Turbolader mit Wastegate: Die Regelung des Ladedrucks erfolgt mittel eines Ventils im Abgasstrom. Ab einem bestimmten Ladedruck wird dieses Ventil durch einen Geber auf der Verdichterseite geöffnet und leitet dann einen Teilstrom des Abgas an der Turbine vorbei direkt in den Auspuff, was ein weiteres Ansteigen der Turbinendrehzahl unterbindet. Bei niedrigen Motordrehzahlen schließt das Wastegate und der komplette Abgasstrom treibt die Turbine und somit den Verdichter an. Die Ladedruckregelklappe, die den Bypass öffnet und schließt, wird in Abhängigkeit vom Ladedruck durch eine federbelastete Membrane angesteuert. Es ist quasi ein rein mechanisches System ohne Elektronik und deshalb auch sehr gut für unsere Tracs geeignet.
2. Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG/VNG-Lader): Der Mechanismus der variablen Turbinengeometrie regelt durch die verstellbaren Leitschaufeln unabhängig von der Motordrehzahl den Ladedruck. Um bei geringen Drehzahlen einen hohen Ladedruck zur Verfügung zu stellen, werden die Leitschaufeln auf einen engen Eintrittsquerschnitt gestellt. Dies führt zu einer hohen Geschwindigkeit des Abgasstromes. Die gestiegene kinetische Energie des Abgases wird auf die Turbine übertragen und erhöht die Drehzahl. Bei hohen Motordrehzahlen geben die Leitschaufeln einen großen Eintrittsquerschnitt frei und der Abgasstrom wirkt mit geringerer Geschwindigkeit auf den inneren Bereich der Turbinenschaufeln.
3. mehrstufige Aufladung: die Königsklasse der Abgasturboaufladung repräsentieren die zweistufigen geregelten Turbolader. Dabei wird ein kleiner Hochdruck- und ein größerer Niederdruckturbolader miteinander kombiniert. Das ist sicher eine zukunftsweisende Technologie, allerdings mit erheblichem kontruktiven Aufwand.
Vergleicht man Wastegate und VTG-Lader so ist die Regelung des Ladedruckes und damit die Vermeidung eines Turboloches beim VTG-Lader besser möglich. Der Wastegatelader ist aber wesentlich einfacher aufgebaut, hat vergleichsweise weniger bewegliche Bauteile und ist dementsprechend robust. Er kommt ohne Steuerungselektronik aus und ist deshalb für die Tracs gut geeignet.
Welcher Turbolader?
Wer seinen Trac auf einen geregelten Lader umrüsten möchte, dem stellt sich die Frage, welcher Lader dafür am Besten geeignet ist und idealer Weise auch noch geringe Umbauten nötig macht. Meine Ausführungen dazu beziehen sich auf die 6-Zylinder Motoren OM 352/366(A).
Aus dem Regal von Daimler Benz bietet sich der Lader des OM 906 an. Es handelt sich um einen Wastegatelader. Allerdings ist der OM 906 mit 6,4l Hubraum und 240PS mindestens eine halbe Nummer größer als die (meisten) Tracs. Das spiegelt sich auch im Abgasvolumenstrom wieder: der OM 906 hat bei einer Abgastemperatur von ca. 600°C und 2.500U/min einen Volumenstrom von 520l/sec., unser OM352 bringt es bei gleichen Bedingungen nur auf 400l/sec. Das bedeutet, dass dieser Lader etwas träge sein wird und für das Ziel eines höheren Ladedrucks schon bei niedriger Drehzahl weniger geeignet ist. Er wurde allerdings schon in OM 352 implantiert und die Fahrer sind zufrieden.
Vom Flanschmaß würde die Breite mit einem Lochabstand von 86mm passen. Es müssten dann noch zwei Löcher gebort werden da der zweite Lochabstand mit 66mm nicht stimmt.
Es sollte also ein Turbolader sein der von einem Dieselmotor stammt, der in den Parametern Hubraum, Drehzahl und Leistung unseren OM 352/366 möglichst ähnlich ist. Meine Augenmerk ist dabei auf den Cummins 6BT Motor gefallen. Diese Maschine hat ebenfalls 6 Zylinder mit einem Hubraum von 5,9l. Dieser Motor ist einigen von uns vielleicht von den ersten Case Maxxums oder später MX bekannt. Er wurde auch im Pickup Dodge RAM verbaut und dort werkelt er u.a. mit einem Wastegate-Turbolader Holset HX35W.
Dieser Turbolader ist meines Erachtens geradezu ideal geeignet für die 6-Zylinder Tracs. Der Hersteller gibt an, dass der Lader für Hubräume von 5l bis 6,5l und Motorleistung von 100 – 280 PS geeignet ist. Ein weiterer Vorteil: der Lader hat den sog. geteilten T3 Flansch, den unsere Motoren am Krümmer haben, diese Lader können also ohne irgendwelche Adapter angebaut werden und ermöglichen eine Stoßaufladung. Die Flansche der Öl Zu- und Ableitung entsprechen auch der T3 Normung und müssten ebenfalls passen! Der Luftausgang sowie der Abgasausgang sind als sogenannte V-Band Anschlüsse ausgeführt, müssen also angepasst werden, der Querschnitt des Lufteingang ist größer.
Für diejenigen, die mit einem VTG-Lader liebäugeln gäbe es auf einen passenden Lader: den Holset HE 351VE. Dieser Lader wird normalerweise, wie fast alle VTG-Lader, mittels elektronischem Steuergerät geregelt. Es gibt Umbauten auf mechanische Steuerung und es gibt programmierbare Steuergeräte mit Sensoren, sozusagen Stand-alone zum Nachrüsten. Rein mechanische Umbauten lassen die Vorteile der VTG-Steuerung schwinden und ein elektronisches Steuergerät im Trac? Wer´s will, ich nicht.
Alfa Romeo hatte mal einen rein mechanisch/pneumatisch geregelten VTG-Lader. Ob der größenmäßig passt, entzieht sich meiner Kenntnis, vom Flansch sicher nicht und er hat auch keinen geteilten Abgaseingang, also nur Stauaufladung.
Ich werde in meinem 1000er OM352 einen HX35W Lader nachrüsten. Das ist nicht aufwändiger als mit einem Serienlader, sollte aber etwas mehr Leistung/Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich bringen. Interessant wäre, wenn jemand, der seinen Turbomotor umrüstet, die Maschine vorher und nachher an die Bremse hängen würde und man die Leistungsdiagramme vergleichen könnte.
Gruß
Wolfgang
Vorüberlegungen:
Turbolader sollen idealerweise bereits bei niedriger Motordrehzahl und entsprechend kleinen Abgasmassenstrom zu einem hohen Motordrehmoment führen. Damit der Turbolader bei höheren Drehzahlen den Motor nicht überlädt, ist es sinnvoll eine Regelung des Ladedruckes zu verwenden. Diese Ladedruckregelung kann im wesentlichen auf drei Arten erfolgen:
1. Turbolader mit Wastegate: Die Regelung des Ladedrucks erfolgt mittel eines Ventils im Abgasstrom. Ab einem bestimmten Ladedruck wird dieses Ventil durch einen Geber auf der Verdichterseite geöffnet und leitet dann einen Teilstrom des Abgas an der Turbine vorbei direkt in den Auspuff, was ein weiteres Ansteigen der Turbinendrehzahl unterbindet. Bei niedrigen Motordrehzahlen schließt das Wastegate und der komplette Abgasstrom treibt die Turbine und somit den Verdichter an. Die Ladedruckregelklappe, die den Bypass öffnet und schließt, wird in Abhängigkeit vom Ladedruck durch eine federbelastete Membrane angesteuert. Es ist quasi ein rein mechanisches System ohne Elektronik und deshalb auch sehr gut für unsere Tracs geeignet.
2. Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG/VNG-Lader): Der Mechanismus der variablen Turbinengeometrie regelt durch die verstellbaren Leitschaufeln unabhängig von der Motordrehzahl den Ladedruck. Um bei geringen Drehzahlen einen hohen Ladedruck zur Verfügung zu stellen, werden die Leitschaufeln auf einen engen Eintrittsquerschnitt gestellt. Dies führt zu einer hohen Geschwindigkeit des Abgasstromes. Die gestiegene kinetische Energie des Abgases wird auf die Turbine übertragen und erhöht die Drehzahl. Bei hohen Motordrehzahlen geben die Leitschaufeln einen großen Eintrittsquerschnitt frei und der Abgasstrom wirkt mit geringerer Geschwindigkeit auf den inneren Bereich der Turbinenschaufeln.
3. mehrstufige Aufladung: die Königsklasse der Abgasturboaufladung repräsentieren die zweistufigen geregelten Turbolader. Dabei wird ein kleiner Hochdruck- und ein größerer Niederdruckturbolader miteinander kombiniert. Das ist sicher eine zukunftsweisende Technologie, allerdings mit erheblichem kontruktiven Aufwand.
Vergleicht man Wastegate und VTG-Lader so ist die Regelung des Ladedruckes und damit die Vermeidung eines Turboloches beim VTG-Lader besser möglich. Der Wastegatelader ist aber wesentlich einfacher aufgebaut, hat vergleichsweise weniger bewegliche Bauteile und ist dementsprechend robust. Er kommt ohne Steuerungselektronik aus und ist deshalb für die Tracs gut geeignet.
Welcher Turbolader?
Wer seinen Trac auf einen geregelten Lader umrüsten möchte, dem stellt sich die Frage, welcher Lader dafür am Besten geeignet ist und idealer Weise auch noch geringe Umbauten nötig macht. Meine Ausführungen dazu beziehen sich auf die 6-Zylinder Motoren OM 352/366(A).
Aus dem Regal von Daimler Benz bietet sich der Lader des OM 906 an. Es handelt sich um einen Wastegatelader. Allerdings ist der OM 906 mit 6,4l Hubraum und 240PS mindestens eine halbe Nummer größer als die (meisten) Tracs. Das spiegelt sich auch im Abgasvolumenstrom wieder: der OM 906 hat bei einer Abgastemperatur von ca. 600°C und 2.500U/min einen Volumenstrom von 520l/sec., unser OM352 bringt es bei gleichen Bedingungen nur auf 400l/sec. Das bedeutet, dass dieser Lader etwas träge sein wird und für das Ziel eines höheren Ladedrucks schon bei niedriger Drehzahl weniger geeignet ist. Er wurde allerdings schon in OM 352 implantiert und die Fahrer sind zufrieden.
Vom Flanschmaß würde die Breite mit einem Lochabstand von 86mm passen. Es müssten dann noch zwei Löcher gebort werden da der zweite Lochabstand mit 66mm nicht stimmt.
Es sollte also ein Turbolader sein der von einem Dieselmotor stammt, der in den Parametern Hubraum, Drehzahl und Leistung unseren OM 352/366 möglichst ähnlich ist. Meine Augenmerk ist dabei auf den Cummins 6BT Motor gefallen. Diese Maschine hat ebenfalls 6 Zylinder mit einem Hubraum von 5,9l. Dieser Motor ist einigen von uns vielleicht von den ersten Case Maxxums oder später MX bekannt. Er wurde auch im Pickup Dodge RAM verbaut und dort werkelt er u.a. mit einem Wastegate-Turbolader Holset HX35W.
Dieser Turbolader ist meines Erachtens geradezu ideal geeignet für die 6-Zylinder Tracs. Der Hersteller gibt an, dass der Lader für Hubräume von 5l bis 6,5l und Motorleistung von 100 – 280 PS geeignet ist. Ein weiterer Vorteil: der Lader hat den sog. geteilten T3 Flansch, den unsere Motoren am Krümmer haben, diese Lader können also ohne irgendwelche Adapter angebaut werden und ermöglichen eine Stoßaufladung. Die Flansche der Öl Zu- und Ableitung entsprechen auch der T3 Normung und müssten ebenfalls passen! Der Luftausgang sowie der Abgasausgang sind als sogenannte V-Band Anschlüsse ausgeführt, müssen also angepasst werden, der Querschnitt des Lufteingang ist größer.
Für diejenigen, die mit einem VTG-Lader liebäugeln gäbe es auf einen passenden Lader: den Holset HE 351VE. Dieser Lader wird normalerweise, wie fast alle VTG-Lader, mittels elektronischem Steuergerät geregelt. Es gibt Umbauten auf mechanische Steuerung und es gibt programmierbare Steuergeräte mit Sensoren, sozusagen Stand-alone zum Nachrüsten. Rein mechanische Umbauten lassen die Vorteile der VTG-Steuerung schwinden und ein elektronisches Steuergerät im Trac? Wer´s will, ich nicht.
Alfa Romeo hatte mal einen rein mechanisch/pneumatisch geregelten VTG-Lader. Ob der größenmäßig passt, entzieht sich meiner Kenntnis, vom Flansch sicher nicht und er hat auch keinen geteilten Abgaseingang, also nur Stauaufladung.
Ich werde in meinem 1000er OM352 einen HX35W Lader nachrüsten. Das ist nicht aufwändiger als mit einem Serienlader, sollte aber etwas mehr Leistung/Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich bringen. Interessant wäre, wenn jemand, der seinen Turbomotor umrüstet, die Maschine vorher und nachher an die Bremse hängen würde und man die Leistungsdiagramme vergleichen könnte.
Gruß
Wolfgang