Hallo an alle,
die Frage ist relativ einfach zu beantworten: Ein während der Bauzeit der MBtrac als
Systemmaschine ausgestatteter MBtrac,
der auch als solche genutzt wurde (!!!) war seinerzeit allen Standardschleppern überlegen.
Im Sonderkulturenanbau fahren sie bis heute und das zum Teil ohne Alternative, was die Nachfolge angeht, im Standardbereich wurde er von den immer höheren hinteren Achslasten und damit erforderlichen größeren Reifen (Traglasten) in den Neunzigern überholt, (eine Entwicklung, die zuerst deutschlandspezifisch und daraus in Folge ein wenig auf ganz Europa abgefärbt hat und die ich bis heute als die falsche Entwicklung betrachte.
Der Übergang vom getragenen zum aufgesattelten Gerät findet bei uns viel zu spät, sprich bei viel zu hohen Motorleistungen statt.)
Die schrittweise Abwendung vom Trac hin zum Standardschlepper kann beim JCB Fastrac fast evolutiv beobachtet werden, da hier das Produkt selbst die vom Markt aufgedrängte Verwandlung erlebt. Die Hinterräder werden größer, die Kabine rutscht nach hinten, die Hilfsladefläche verkommt zum Handschuhfach - nur, weil die Europäer demnächst vielleicht auch noch 10t schwere Maschinen frei ausheben wollen...
Trotzdem Respekt an JCB, das Produkt nicht aufzugeben und auch an den beiden gefederten Achsen festzuhalten.
Ein Fastrac ist auch auf dem Feldweg ein Fast Trac, Du kannst mit ihm doppelt so schnell über die unbefestigten Wege schaukeln, als mit einer gefederten Achse...
Die Existenz des Xerion beweist, dass in Nischen und kleinen Stückzahlen dieses Konzept weiterhin seine Existenzberechtigung hat, auch was Wirtschaftlichkeit (Verfahrenskosten) angeht.
Anfang der 70-er Jahre waren die Mehrzahl aller ldw. Betriebe universell aufgestellte Futterbaubetriebe mit großer Fruchtfolge, die eine Systemmaschine wirtschaftlich einsetzen konnten, deshalb hatte es der MBtrac ja mal bis zum 4. Platz in der Zulassungsstatistik gebracht - gegen Standardschlepper ein gewaltiger Erfolg! - spätestens jedoch nach der Grenzöffnung nach Osten verlagerte sich der Schwerpunkt auf größere Einheiten in immer mehr spezialisierten Betriebsstrukturen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel in Köln und Gaggenau aber schon lange gefallen...
Der traditionelle Mittelbetrieb, der mit dem Trac morgens mit Frontmähwerk und Ladewagen für die Ganzjahresstallhaltung des Viehs Futter holt, anschließend vorn den Streifenkrümler, hinten die Rübendrille, oben das 1500l Fass für die Bandspritzung aufbaut, nachmittags dann vielleicht düngt oder spritzt - und am nächsten Morgen wieder Futter holt, dann in die Heuwerbung geht, im Winter vielleicht noch als Rücker tätig ist, diese Ära ist vorbei...
Als ich seinerzeit den 700 (440.167) verhandelte, war dieser in unserer Wunschausstattung mit FKH, FZW, 40km/h im direkten Vergleich mit einem etwa leistungsgleichen IHC XLA, einem MF der 200-er (Landini-)Serie fast preisgleich. Der Unterschied lag bei gerade mal knappen 2.000,-DM.
Die After-Sales Betreuung von Mercedes-Benz war beispiellos! Noch Jahre nach dem Kauf kam regelmäßig ein Monteur der FAMAG vorbei, um sich zu erkundigen, ob alles ok sei. Erst nach Gründung der TTVG war damit Schluss. In die Serie einfließende Updates wurden über 2 Jahre kostenlos nachgerüstet, wie Radiokonsole, Filter im Innenraumlüftungssystem, etc.
Und das, obwohl wir bei den Preisverhandlungen eisenhart geblieben waren!
Nach dem Kauf unseres Kramer oder später Deutz, MF hat sich keiner bei uns blicken lassen...
Deutz war mit dem Betreiben der TTEG und TTVG von anfang an nicht an einer Fortführung des Tracbaus interessiert, in Summe war genau die stattgefundene Verfahrensweise (Vertrieb blieb in Gaggenau, Entwicklung wurde von Deutz dominiert) wahrscheinlich sogar die kostengünstigere Liquidierung der Konkurrenz, als es bei einer 100%-Übernahme gekommen wäre. Deutz (genauer die TTEG) hat ja so noch nicht mal die Ersatzteilversorgung sichern müssen, das fiel ja wieder an MB zurück - eine geschicktere - und für Deutz billigere - Verfahrensweise fällt mir beim besten Willen nicht ein...
Mercedes Benz hat aber genauso tatenlos zugesehen, da das Regiment in diesem Unternehmen zu dieser Zeit kaum noch von Technikern, sondern von Rechtsanwälten und Bankern gestellt wurde. Bankern, nicht Bankiers, um bei der Ausdrucksweise unseres Staatsoberhauptes zu bleiben...
Einer dieses Genres soll diesem Unternehmen ja satte 50.000.000.000,- verbrannt haben, bis heute der Rekord eines Unternehmens, das per se keine Bank ist...
In der TTEG selbst waren zwar durchaus engagierte Leute, die wirklich was auf die Beine stellen wollte - sollte Euch mal so einer über den Weg laufen, er kann nichts dafür, lasst ihn leben(!), hinter verschlossenen Türen der obersten Etage jedoch hat es sehr wahrscheinlich schon 1986 anders ausgesehen...
Es ist Geschichte...
LG
Holger
PS: Das hier:
(20.07.2009, 22:25)Brennholzwurm schrieb: [ -> ]...Aber was kann er besser als moderne, aktuelle Traktoren? Sehe ich z.B. einen modernen Lindner, liegen ja Welten dazwischen.
...ist nicht ganz fair, aber das weißt Du ja auch so. Vergleiche einen Lindner mit einem JCB Fastrac und einen Fendt Vario 936 mit einem Xerion, das Ergebnis wird dann schon knapper...
Zum Thema Lindner noch so viel von mir: Für mich eines der wenigen Unternehmen, das seinen
Kunden treu geblieben ist! Der Produktion ist eine Reparaturwerkstätte angegliedert, in der repariert, überholt und weiterentwickelt wird, das ist in Europa einzigartig - und genau der richtige Weg, da der Hersteller so direkt mit den Schwachstellen seines Produktes konfrontiert wird! Von mir ein tiefer Ausdruck der Bewunderung und des Respektes an die Familie Lindner, die es bis heute erfolgreich geschafft hat, klein und dennoch effektiv zu sein!
Von dieser Stelle der Wunsch an Fam. Lindner, diese Freiheit über die derzeitig sich anbahnende Krise auch in der Landtechnik zu bewahren und nicht am Ende von CNH oder AGCO oder ARGO geschluckt zu werden!
Da ich selbst in einem Maschinenbaubetrieb verantwortlich arbeite, der nur noch von großen Konzernen umgeben ist, weiß ich, was es bedeutet, Familienbetrieb zu bleiben!