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06.11.2009, 19:40
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.11.2009, 20:32 von
holgi63.)
Hallo an alle,
das Thema ist heikel, weil größtenteils spekulativ! Mal ein vorsichtiger Ansatz anhand von Indizien:
Hallo Heini, hallo an die anderen.
Der MBtrac ist eindeutig ein evolutiver Prozess, der mit dem 403/406 als Ausgangsbasis relativ zügig zum 440 führte.
Die Zwischenstadien sind bekannt und in der Literatur auch ausreichend beschrieben. Da gab es das weiß-rote Henkelkörbchen mit dem roten Umsturzbügel, da gab es weitere Prototypen, die letztlich zu dem 1972 auf der DLG ausgestellten 440.161 führten, der zwar noch mit Seitenauspuff, aber dennoch dem späteren Serienfahrzeug schon sehr ähnlich war.
Bereits unmittelbar nach Abschluss der Entwicklung des 440 begann dieselbe zum 442, aus dem kurz darauf der 443 wurde..
Auslöser mag wahrscheinlich die Erkenntnis gewesen sein, dass sich der Unimog aus seinem Ur-Bestimmungsgebiet mehr und mehr verabschiedete.
Die Schilderungen, dass die Entwicklung zwischenzeitlich von oben gestoppt wurde, ist meines Erachtens glaubwürdig, da es dem DB-Vorstand an der landwirtschaftlichen Kundschaft schlicht nicht gelegen war. Schon der Unimog selbst stand ganz oben in der Konzernspitze zu allen Zeiten unter Druck.
Nicht zu unterschätzen ist aber auch das Sperrfeuer aus der eigenen Entwicklungsabteilung und zwar ausgerechnet seitens des von mir sehr geschätzten Heinrich Rößler, der nämlich sehr schnell richtig erkannte, dass dieses neue Produkt vor allem im eigenen Haus wildern würde, nämlich beim von ihm entworfenen Unimog! (Und das tat der MBtrac dann ja auch nicht selten!) Es mag aber auch ein wenig verletzte Eitelkeit dabei gewesen sein, wobei Rößler ein Pragmatiker gewesen sein muss. Ein Praktiker sowieso.
Das Grundkonzept des MBtrac ist nun keine Folge rein technologischer Entwicklungsarbeit oder gar Forschung, wie wir vielleicht gerne alle glauben möchten, sondern war zum großen Teil merkantiler Zweckopportunismus nach der Frage: Was haben wir, woraus wir auch einen Schlepper bauen können.
Der Unimog war bereits die Institution für universelle und variable Mobilität in allen nur denkbaren Extremsituationen, die Frage war nun, wie spezialisiert man ein solches Fahrzeug hin in Richtung der Zielmärkte Agrar, Forst, Industrie, ohne mehr von der Universalität aufzugeben, als dem Zielprodukt zumutbar und förderlich ist.
Dies zusätzlich noch unter der Prämisse, möglichst viele Teile vom Quellprodukt verwenden zu können.
Die Erfindung des "Trac-Konzeptes" fand nun weder bei Mercedes Benz noch bei Deutz statt, aber auch nicht bei Claas. Gleichgroße Räder, eine 60:40 Gewichtsverteilung und Allradantrieb gab es bereits vor dem 2. Weltkrieg, ein entscheidendes gemeinsames Merkmal der beiden Rivalen von 1972 war jedoch der zusätzliche Aufbauraum, der einfach zur rechten Zeit kam und kurioserweise bei beiden, dem MBtrac und dem Intrac etwa gleich dimensioniert war.
Bis heute ist auch gar nicht genau festzulegen, was ist denn nun ein (oder besser das "tracspezifische" Merkmal überhaupt?
Kommen wir zu den Westfalen:
Claas hat im Laufe der Zeit immer wieder versucht, einen "eigenen Fuß" in die Tür des Traktorenmarktes zu bekommen.
Begonnen mit dem "Huckepack", dem Mähdrescher-Geräteträger über die Zusammenarbeit mit CAT für die europäische Vermarktung des Raupenschleppers Challenger hat Claas nun endlich in der Übernahme von Renault Agriculture "seinen" Weg gefunden. Gespräche mit Schlüter, sowie der LTS werden kolportiert. Es ist sogar denkbar, dass seinerzeit nicht nur Horsch am Kirovets Knicklenker dran war.
Die Motivation? Man raunt z.B., dass der Xerion ein überwiegend persönliches, ehrgeiziges und nur wenig kommerziell-strategisches Produkt der Familie Claas ist. Die Tage auf dem Claas/Lemken Feldabend hat der Sprecher von Claas in einem privaten Gespräch, das ich am Rande mitbekam, angedeutet, dass der Xerion das Lieblingsspielzeug des Seniorchefs wäre und an seiner Fortführung zumindest so lange er lebt, nicht gerüttelt werden dürfe. Kommerziell winkte er ab...
Das wäre zumindest ein Indiz, dass man das Ziel, Schlepperhersteller zu werden, bei Claas mit einem gewissem Ehrgeiz auch außerhalb von rein monetären Aspekten betrieb.
Ob es irgendwann in der Zeit zwischen Huckepack und Raupenschlepper Kontakte auch zu DB gegeben hat, kann ich nicht beurteilen, ich halte es aber für durchaus möglich, ein bisschen sogar für wahrscheinlich.
Denkbar ist sogar, dass man in Gaggenau über einen eigenen ldw. Schlepper erst dann nachzudenken begann, nachdem von außen eine Anfrage zu einem solchen Projekt an DB herangetragen worden war. Oft werden Impulse für die eigene Weiterentwicklung von außen ausgelöst.
Wie das auch immer gewesen sein mag - vielleicht bekommt man es ja sogar irgendwann mal heraus, aber Claas hat den MBtrac nicht entwickelt, die evolutiven Zwischenstufen vom 403/406 zum 440 sind bei DB ausreichend gut - auch mit Namen der involvierten Personen - dokumentiert.
Wie das Bild oben einzustufen ist, bin ich mal gespannt, wie sich das irgendwann mal auflöst, ich kann es nicht bewerten. Wo steht dieses Fahrzeug?
Selbst eine Parallel- oder eine dem MBtrac vorausgegangene Entwicklung würde es nicht erlauben, die eingangs geäußerte Behauptung aufzustellen oder aufrechtzuerhalten. Dann müssen auch Fahrzeuge wie beispielsweise der Kramer 1014 auf den Prüfstand...
Nur mal "laut gedacht" und ohne Anspruch auf der Wahrheit letzten Schluss
Holger
406.120 '72, 440.161 '75, 440.167 '83
Die 3 MBtrac-Grundsätze:
1.) Ein MBtrac ist zwar nicht alles, aber ohne MBtrac ist alles nichts!
woraus folgt:
2.) Ein Leben ohne MBtrac ist möglich - aber sinnlos...
doch zum Glück für die vielen Nicht MBtrac Besitzer:
3.) Nur wer einen MBtrac besitzt, weiß, was allen anderen fehlt...