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19.07.2010, 11:58
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.07.2010, 12:53 von
holgi63.)
Hallo Ralph,
das war von mir nicht böse gemeint und Deine Beiträge schätze ich in der Regel auch sehr!
Trotzdem geht es mir nicht um einen Glaubenskrieg.
In der Regel habe ich Gründe, wenn ich etwas schreibe, die über rein persönliche Ansichten hinaus gehen.
Mit den Viskositäten hast Du auch recht, aber das genau ist trotzdem das - bzw. ein - Problem:
Es gibt nämlich leider eine Eigenschaft der Mehrbereichsöle, die nicht nur nach meiner Auffassung in allen Ölbetrachtungen zu wenig berücksichtigt wird:
Mehrbereichsöle verlieren bei harter Belastung (sowohl im Motor, als auch im Getriebe) bereits nach kurzer Zeit ihre "hohe Viskosität" Mit anderen Worten: ein 10W40 kann schon nach kurzer Zeit zu einem 10W10 "mutieren". Die Bedeutungsschwere dieser Tatsache wurde mir erst in einem Gespräch mit einem hochrangigen Castrol-Mitarbeiter bewusst, der mir die Hintergründe und Umstände dieser Eigenschaft und dieses Problems mal bei einem Besuch lang und breit dargelegt hat.
Die „hohe“ Viskosität der Mehrbereichsöle wird durch künstliche lange Molekülketten erzeugt, die aber mechanisch nicht sehr stabil sind und tatsächlich zwischen Zahnrädern in Getrieben und zwischen Kolben und Zylinderwand in Motoren kleingeschlagen werden.
Aus diesem Grund habe ich nicht nur gegen die STOU (im Getriebe), sondern auch gegen Mehrbereichs-Getriebeöle meine begründeten "Vorurteile".
Du hast den Namen Fuchs ins Gespräch gebracht, eine Firma, die ich ebenfalls schon oft hier erwähnt habe. Zwar habe ich keinen Vorteil davon, aber Fuchs schätze ich als einen der Besten in Deutschland ein, wenn es um Schmierstoffe geht.
Fuchs bietet aufgrund der oben geschilderten Probleme nach wie vor Einbereichsöle an und weist speziell darauf hin, dass es gerade bei bestimmten Fahrzeugen durchaus Sinn macht, anstatt der modernen Mehrbereichsöle diese Einbereichsöle einzusetzen.
Interessant ist der Satz, der die Einbereichsöle direkt beschreibt, ich zitiere: „...Speziell für den Einsatz in Baufahrzeugen entwickelt...“ Man achte auf den Begriff „Baufahrzeuge“, also Fahrzeuge mit extremer Belastung!
ABER: Für dieselben Baufahrzeuge bietet Fuchs als Getriebeöle nur UTTO Öle an, keine STOU, nur für die Landwirtschaft sind STOU im Angebot und das hat Gründe!
(Vielleicht ist Dir auch bekannt, dass speziell für Oldtimer Einbereichsöle wieder in Produktion genommen wurden. Auch dafür gibt es eine Menge Gründe!)
Nun ist ein MBtrac sicher auch erat mal nur landwirtschaftliche Belastung, aber weil das ZW-Getriebe im 440 und eben auch im 441 "da so links oben seitlich verloren in der hintersten Ecke“ liegt und weil das Hauptgetriebe insgesamt nur eine sehr kleine Ölmenge hat, sehe ich genau hier das Problem:
Die MBtrac, gerade die 441 werden häufig vor Mähkombis gespannt und mähen mit bis zu 6m AB und das bei den aktuellen Temperaturen und stundenlang.
Das ist für das ZW-Getriebe eine Belastung, die mehr als doppelt so hoch ist, wie vom Hersteller ursprünglich einmal für dieses Getriebe vorgesehen, der, was viele gar nicht wissen, dem ZW-Getriebe nämlich eine (recht niedrige) Leistungsgrenze vorschreibt! (Siehe Handbuch 440, 441).
Der einzige Schlepper, der mit der Motorleistung unter bzw. in der Nähe dieser Grenze bleibt, ist der MBtrac 700!!!
Nun kommen aber zu den größeren MBtrac noch Turbolader am OM352 oder sogar OM366 hinzu und aus einem MBtrac 1000 oder 1100 wird ein MBtrac 1000 oder 1100 Turbo mit bis zu was weiß ich wie viel PS.
Noch ein kaum bekanntes Problem:
Konstruktiv ist der Nebenabtrieb für Schmierung auch durch Schleuderöl aus dem Hauptgetriebe vorgesehen. Dieses kommt aber nur in ausreichender Menge dort an, wenn die große Gruppe geschaltet ist, weil dann die schleudernden Zahnräder die dafür erforderliche Umfangsgeschwindigkeit aufbringen. (Aus diesem Grund in älteren Betriebsanweisungen der 406 auch noch der Hinweis, dass Zapfwellenarbeiten im Stand nur in Schalthebelstellung große Gruppe (ab 3./4. Gang beim 406) gemacht werden dürfen!
Gerade aber beim MBtrac wird Zapfwelleneinsatz meist in der kleinen Gruppe gefahren!
Das Zapfwellengetriebe im 406, 417, 440, 441 befindet sich an einer Stelle, wo es im Rahmen des Unimog möglich war, ohne große Abwinkelung den ZW-Antrieb nach hinten zu führen!
Diesem Umstand wurden etliche betriebstechnische Erfordernisse geopfert, die man nie geopfert hätte, wenn es nicht aus lagetechnischen Gründen erforderlich gewesen wäre!
Die Kompromisse, die man aber dafür eingegangen ist, sind eben sehr speziell und deshalb ist das Getriebe nicht mit einem Standardschleppergetriebe vergleichbar, wo gerade das ZW-Getriebe lagebedingt bestens mit Öl versorgt ist und im 440/441 das genaue Gegenteil der Fall ist!
Bereits bei der Leistungssteigerung am Unimog (406) war der Nebenabtrieb immer der neuralgische Punkt. Glücklicherweise war er am Ende stabiler, als man anfangs selbst glaubte bzw befürchtete, trotzdem blieb es im Getriebe die Schwachstelle.
Dann noch das beschriebene Problem, dass die Mehrbereichsöle hinsichtlich ihrer Viskosität nicht stabil bleiben.
Sorry, aber da gehen bei mir alle Alarmlampen an und sag mir nun bitte nicht mehr, das seien keine Gründe....
Der Castrolmensch sagte mir damals - ohne die Besonderheiten des MBtrac zu kennen: „Mein BMW 535 bekommt alle 3.000km neues Öl und glauben Sie mir, ich weiß warum!“ (und er wusste tatsächlich warum, denn er konnte die chemischen und physikalischen Alterungsvorgänge eines Öles sehr genau und umfassend beschreiben.)
Nun fahre ich selbst auch Auto und wechsle seitdem das Öl auch nicht bei 3.000km, sondern weiter nach Vorschrift des Herstellers, aber deshalb ist das, was der Mensch sagte, ja nicht falsch.
Mit anderen Worten: Bereits nach etwa 30 Betriebsstunden kann ein Mehrbereichsöl die hohe Viskosität vollständig verloren haben. Da Getriebeöle weit seltener gewechselt werden, als Motorenöle, halte ich das unter oben beschriebenen Umständen speziell beim 440/441 für gefährlich. Und zwar egal, ob 75W90 oder 10W40.
Mercedes empfahl auch noch zu Zeiten, wo die Mehrbereichsöle als Quasistandard etabliert waren, für die Nutzfahrzeuge bei heißen Sommern hochviskose Einbereichsöle, für den Motor also z.B. SAE 30, evtl. sogar SAE 40. Warum wohl?
Das ganze ist unter normalen Einsatzbedingungen sicher nicht gleich die Katastrophe, aber ich möchte noch mal erwähnen: Gerade beim Getriebe des 440 und 441, insbesondere, wenn vorne erheblich mehr eingespeist wird, als das ursprünglich mal vom Hersteller geplant war, sollte man hier besser keinen Fehler machen. Aber auch beim 442/443 ist allein wegen der sehr kleinen Menge ein höchstwertiges Öl zu verwenden.
Und es fällt mir wie wolli schwer, zu glauben, dass ein Universalöl in allen Disziplinen Nr. 1 sein soll.
FG
Holger
406.120 '72, 440.161 '75, 440.167 '83
Die 3 MBtrac-Grundsätze:
1.) Ein MBtrac ist zwar nicht alles, aber ohne MBtrac ist alles nichts!
woraus folgt:
2.) Ein Leben ohne MBtrac ist möglich - aber sinnlos...
doch zum Glück für die vielen Nicht MBtrac Besitzer:
3.) Nur wer einen MBtrac besitzt, weiß, was allen anderen fehlt...