Kann ich 600/65 R34 auf einer 15x34 Felge montieren?
#26

Hallo Leuts,

um die Verwirrung ganz komplett zu machen: Ganz so einfach wie es DaPo schreibt, ist es leider auch nicht.
Jeder Post in diesem Thema enthält Wahrheiten, die allerdings juristisch unterschiedlich verwertbar bzw. relevant oder durchsetzbar sind.
Habe mich bisher dazu nicht gemeldet, weil ich erst mal nachgeforscht habe. Bin aber selber noch nicht endgültig fündig geworden, das ist auch gar nicht so ganz einfach.

Wäre der Reifen Teil einer Maschine, wie sie in dem Betrieb hergestellt werden, in dem ich arbeite, gäbe es bereits eine klare gesetzliche Richtlinie dazu, Reifen sind aber Teil eines Fahrzeuges, also was ganz anderes. Aufgrund der Sicherheitsrisiken aber beides dennoch wieder vergleichbar.

Zum Einen: das hier so oft schon geforderte Gesetz, dass den konkreten Fall eindeutig regelt, gibt es nicht, hier greift im Fall einer Reifenherstellervorschrift bzw. Verwendungseinschränkung, wenn überhaupt, BGB.

Aber es gibt so genannte (und miteinander konkurrierende) Rechtsvorschriften zur einerseits "Bestimmungsgemässen Verwendung" und andererseits dem "vorhersehbaren Fehlgebrauch".

Es geht also um Rechte, nicht um Gesetze im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Recht. Auch Rechte sind einklagbar, müssen aber, um durchgesetzt zu werden, im Einzelfall auch tatsächlich eingeklagt werden.

Grundsätzlich hat ein Reifenhersteller das Recht, die Verwendung seines Produktes auf einer Felge, auf der ein Reifen gleicher Größe eines anderen Herstellers erlaubt ist, zu verbieten. Punkt!
Das ist das Recht eines Herstellers über die Festlegung der bestimmungsgemäßen Verwendung, zu dem er sogar verpflichtet ist! Dieser Anordnung ist damit erst mal Folge zu leisten und auch die generelle Freigabe eines Fahrzeugherstellers greift nicht in dieses Recht ein!
Mit anderen Worten: Das Recht des Fahrzeugherstellers ist niemals höherrangig, als das Recht des Eigentümers des Produktes Reifen über sein eigenes Produkt. Kann gar nicht sein, denn nur der Reifenhersteller kennt das Produkt und darf bestimmungsgemäßen Gebrauch festlegen und einschränken.

AAABER - und deshalb kann man das, was DaPo schreibt, tatsächlich tun:
Wenn eine Freigabe des Fahrzeugherstellers vorliegt, liegt dann, wenn man solch einen Reifen trotz Warnung des Reifenherstellers aufzieht, auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein typischer Fall des so genannten "vorhersehbaren Fehlgebrauchs" vor! In diesem Fall hätte der Reifenhersteller diesen Fehlgebrauch, der erst mal nur ein sachlicher und nicht zwingend ein sicherheitsrelevanter ist - denselben vorhersehen müssen und - wenn er tatsächlich sicherheitsrelevant wäre, andere Mittel und Wege als nur ein Stück Papier finden müssen, diesen Fehlgebrauch zu verhindern!

Mir liegen Stand heute keine Informationen vor, dass diese Art des Fehlgebrauches in der juristischen Betrachtung sicherheitsrelevant wäre, weshalb das Ganze dann erst im Fall eines Falles vor Gericht zu entscheiden wäre, wo dann diese beiden Faktoren, nämlich bestimmungsgemäße Verwendung und vorhersehbarer Fehlgebrauch juristisch gegeneinander abgewogen werden würden.

Als Beispiel möge die Feststellbremse im alten 406 dienen. Der Krückstock.
Es ist erlaubt, aus dem Fahrzeug bei laufendem Motor am Hang auszusteigen, wenn das Fahrzeug mit der Handbremse gesichert ist. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass man beim Aussteigen aus der Sardinenbüchse 406 mit dem Fuß gegen den Krückstock kommt, die Feststellbremse sich löst und das Fahrzeug nach Verlassen eigenständig losrollt. Fährt das Fahrzeug dann (hoffentlich nur) einen Leuchtpfosten um, dann ist der Fahrer aus der Haftung draußen, denn dieser "Fehlgebrauch" ist vorhersehbar. Es war demnach nicht unzulässig, das Fahrzeug zu verlassen und es ist dem Fahrer dann nicht anzulasten, da besser aufzupassen. Gleiches gilt für die Feststellbremse im Toyota PRIUS II. Gleichlautende Gerichtsurteile zu solchen Fällen mit versehentlich leicht lösbarer Feststellbremse liegen bereits vor. Im Fall der (Schlepper-)Reifen konnte ich trotz Suche nix finden...

Fazit: Der Reifenhersteller darf die Verwendung seines Produktes einschränken. Das ist juristisch betrachtet zwar eine Rechtsvorschrift, aber eben kein Gesetz!
Es nützt ihm deshalb auch wenig, wenn die Fahrzeugherstellerfreigabe vorliegt, außer dass er sich aus der Gewährleistung verabschieden kann und im Fall eines Falles erst mal juristisch geklärt werden müsste, wie der Fall denn nun eigentlich zu bewerten sei. Sollte dann ein erstes Urteil vorliegen, kann dieses als Referenz für weitere Fälle herangezogen werden. Bisher habe ich kein solches Urteil finden können und ich denke deshalb, dass es noch keines gibt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es je zu solch einem Prozess kommt, halte ich bei Traktorreifen für sehr unwahrscheinlich, weshalb das, was DaPo schreibt, in der Praxis wohl gilt, zumal auch DaPo keine darüber hinausgehenden nachprüfbaren Quellen liefert.

Gruß aus Oberhessisch Sibirien
Holger

406.120 '72, 440.161 '75, 440.167 '83

Die 3 MBtrac-Grundsätze:
1.) Ein MBtrac ist zwar nicht alles, aber ohne MBtrac ist alles nichts!
woraus folgt:
2.) Ein Leben ohne MBtrac ist möglich - aber sinnlos...
doch zum Glück für die vielen Nicht MBtrac Besitzer:
3.) Nur wer einen MBtrac besitzt, weiß, was allen anderen fehlt...

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